Michael Köppe
Gitarrist / Gitarrenlehrer
Albrechtstr. 65, 12167 Berlin
mjkoeppe(at)gmx.de
Die Elemente der Suzuki-Methode sind nicht von einem bestimmten Instrument abhängig, weswegen auch an dieser
Stelle nur wenig von der Gitarre die Rede sein wird. Noch über die Vermittlung der instrumentalen und musikalischen
Fertigkeiten stellt Suzuki die Entwicklung der Persönlichkeit eines jeden Kindes. Hierzu bedient er sich lediglich der
Musik. Dies mag ungewöhnlich erscheinen, ist aber in Suzukis Menschenbild und in seiner Auffassung von der
Wirkung der Musik auf den Menschen begründet.
Als Suzuki gebeten wurde, einen vierjährigen Jungen im Geigenspiel zu unterrichten, war
er anfangs ratlos. Dann jedoch fiel ihm auf, dass jedes gesunde Kind seine
Muttersprache fliessend und mühelos sprechen konnte. Es müsse doch nun möglich
sein, so seinGedanke, auch andere Fertigkeiten, z.B. das Geigenspiel, in demselben
Masse zu entwickeln, wenn man die Rahmenbedingungen so gestalten würde, wie man
sie beim Erlernen der Muttersprache vorfindet, eben durch Zuhören, Zuschauen und
Nachahmen. Suzuki glaubt, dass die Menschen nicht mit Talent geboren werden,
sondern dass sich Talent in Abhängigkeit von der Umwelt mehr oder weniger
entwickelt.
Wenn z.B. ein Kind in der Lage ist, seine Muttersprache zu sprechen, in der Schule
jedoch mangelhafte Leistungen erbringt, so zeige dies lediglich, dass die Ausbildung
in der Schule nicht genügend auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht, nicht jedoch,
dass das Kind dumm oder in irgendeiner Weise untalentiert oder zurückgeblieben
ist. Schon kleine Kinder sind in der Lage, nicht nur ihre Muttersprache zu sprechen,
sondern auch feinste Nuancen des Dialektes zu erkennen und nachzuahmen. Welche sind nun
die Bedingungen, unter denen dies möglich ist? Die Eltern sprechen täglich in Gegenwart ihres Kindes.
Allmählich entwickeltdas Kind den Wunsch, seine Eltern nachzuahmen. Nach längerem Probieren spricht es bald das
erste Wort. Eigentlich spricht das Kind ja schonviel früher, jedoch sind die Erwachsenen nicht in der Lage dies
klanglich zu verstehen. Das Kind übt täglich mit dem gesamten bis dahin erlernten Wortschatz und der
entsprechenden Syntax. Das Kind bestimmt selbst das seinen Bedürfnissen entsprechende Lerntempo. Das Lob der
Eltern und die Freude des Kindes über sein erfoIgreiches Lernen motivieren das Kind täglich aufs neue.
Im Ganzen geht es also um die Entwicklung der Sensibilität, der Merkfähigkeit, der Ausdauer, der Konzentration, der
Geduld und der Selbstkontrolle sowie die Gewöhnung (durch frühen Unterricht) an die lebenslange Aufgabe des
Lernens und Übens in allen Lebensbereichen. Suzuki kommentiert diesen Lernprozess folgendermassen: „Es ist ein
natürlicher Prozess, bei dem die Übung von morgens bis abends andauert. Das Kind fühlt keine der Qualen, die so oft
andere Erziehungsformen in konventionellen Methoden begleiten. Welches Kind würde es ablehnen, seine
Muttersprache zu erlernen, nur weil es das tägliche üben langweilig findet? (Starr, Willam; Die Suzuki-Violin-Methode,
Regensburg, G. Bosse, 1994)
Für die Instrumentalausbildung bedeutet dies folgendes: Der Unterricht sollte im Vorschulalter, also mit etwa drei bis
fünf Jahren beginnen. In diesem Alter ist das Lernen durch Nachahmung besonders effektiv. Die Kinder spielen ohne
Noten. Sie hören täglich eine Cassette mit den Stücken, die sie gerade oder bald lernen. Natürlich muss die Qualität
des Bandes, aber auch die der Interpretation klar und deutlich sein, da sich sonst, wie auch bei der Sprache, eine
undeutliche Artikulation herausbilden würde. Sie müssen, bevor sie damit beginnen ein Stück auf dem Instrument zu
lernen, die Musik sehr gut kennen. Nur so können sie sich voll und ganz auf das Instrument und die Musik
konzentrieren.
Suzuki Methode für Gitarre
© 1998 bei Michael Köppe
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